Besser weniger, dafür besser! |
Nach Hygge, Lagom und Co. kommt jetzt der Minimalismus als
neue Strömung - auf Instagram bereits in aller Munde. Auch ich bin neugierig
auf dieses Lebenskonzept geworden und meine, Minimalismus ist definitiv mehr
als nur ein schneller Trend. Doch bei genauer Betrachtung ist wohl doch eher
eine Light-Variante das Richtige für mich.
Zuerst haben wir gekauft. Kleidung und Deko und alles
Mögliche in Hülle und Fülle. Dann kam die große DIY-Welle. Nicht alles einfach
nur kaufen, sondern selber machen. Wieder was mit den Händen tun, als Ausgleich
zum digitalen Leben. Stricken, Home Accessoires basteln oder gar selbst Möbel
bauen. Der DIY-Trend hat seinen Höhepunkt erreicht und flaut mittlerweile schön
langsam ab. Vor allem bei den Möbeln fällt mir auf: Die Leute haben sich am
Industrial-Look abgesehen (außer natürlich dort, wo er wirklich authentisch
ist, nämlich in Lofts oder umgebauten Scheunen). Sie stellen sich keine
Palettensofas mehr ins Wohnzimmer und auch ein Couchtisch aus einer
Holzkabeltrommel ist nicht mehr ganz so cool. Zudem passt der angesammelte
DIY-Kram ja so gar nicht zum Trend, der sich als nächstes ankündigt - dem
Minimalismus.
Der Weg zum Glück?
Die Leute haben jetzt nämlich genug von Zeug. Wir haben
jahrzehntelang gekauft und jahrelang gebastelt und jetzt sind wir gesättigt und
teilweise sogar überfordert von bzw. mit den Dingen, die sich in unseren vier
Wänden befinden. Wir misten aus und reduzieren aufs Wesentliche, haben pro
Saison nur noch 35 Kleidungsstücke samt Schuhen und Taschen (Stichwort: Capsule
Wardrobe) und besinnen uns auch beim Wohnen auf hochwertige und nützliche
Dinge. Und alles nur, weil wir hoffen, am Ende glücklicher zu werden. Wenn das
nur so einfach wäre…
Denn allein darin kann der Schlüssel natürlich nicht liegen!
Aber nachdem ich mich mit dem Thema Minimalismus auseinander gesetzt habe, habe
ich herausgefunden, dass es bei diesem Konzept um viel mehr geht, als um einen
schnellen Trend (Interessierten empfehle ich die Netflix-Doku
"Minimalism"), als kurz mal die Wohnung auszumisten oder die
Garderobe zu optimieren. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass diese
Lebenseinstellung (in gemäßigter Intensität) dazu beitragen kann, zumindest
etwas zufriedener, nachhaltiger, ausgeglichener, sparsamer und fokussierter zu
werden.
Doch wie es auch bei vielen anderen Dingen ist, wenn’s zu
radikal wird, wird’s mir unheimlich. Egal in welchem Bereich – sei es Religion,
Ernährung, Erziehung oder wie in diesem Fall dem reduzierten Leben.
"Minimalismus - konsequent oder krampfhaft?"
Wenn ich von Menschen lese, die tagtäglich freiwillig auf
Isomatten schlafen und ihr gesamtes Hab und Gut auf 53 Dinge reduziert haben,
dann schaudert es mich. Genauso sehr schaudert mich es aber, wenn ich sehe, wie viele bunt zusammengewürfelte Tassen wir haben (ich könnte locker die gesamte
Nachbarschaft im Umkreis von einem Kilometer zum Punschtrinken einladen…) oder
wie viele Schneidebretter (es sind 19, ungelogen!). Der richtige Weg müsste also
irgendwo dazwischen liegen. Und so habe ich mich für eine für uns passende Form
entschieden, ich nenne es „Minimalismus light“.
Ich picke mir also genau die Themen aus dem minimalistischen
Konzept heraus, die ich für uns als Familie für sinnvoll erachte. Einige von euch haben
so eine Lebensweise wahrscheinlich von Haus aus im Blut, aber wir gehörten
bisher auf alle Fälle zu den Sammlern und Hortenden und merken erst jetzt, wie
viel unnötigen Ballast wir mit uns herumschleppen.
Minimalismus light für die eigenen vier Wände
"Besser weniger, dafür besser" - dieser Spruch begleitet
mich schon seit einiger Zeit und bringt für mich das Konzept auf den Punkt. Es heißt ganz
und gar nicht, dass man spartanisch oder zum Beispiel nur in Weiß eingerichtet
sein muss. Man soll sich lediglich aufs Wesentliche konzentrieren. All das
Chaos und den Überfluss, den wir in unseren vier Wänden bzw. so manchen Räumen
oder Krimskrams-Laden angehäuft haben, macht uns das Wohnen nämlich nicht
unbedingt leichter.
Wo fange ich an?
Großes Ziel ist für mich, nicht mehr allen Trends hinterher
zu laufen, selbstkritischer zu werden und nicht jedem Kaufimpuls nachzugeben.
Sich selbst vorher immer zu fragen: Brauche ich das wirklich. Schnäppchenjagen,
zum Beispiel, hab ich mir komplett abgewöhnt. Denn Sale-Eroberungen und
Minimalismus passen einfach nicht zusammen. Früher hätte ich nie für möglich
gehalten, dass mir Schlussverkauf und Flohmärkte irgendwann einfach nichts mehr
geben. Aber wenn man sein Konsumverhalten erst mal reflektiert, dann fällt es
einem plötzlich ganz leicht (zumindest geht es mir so).
"Schnäppchenjagd und Minimalismus vertragen sich nicht - im Sale ergattern wir meist Dinge, die wir gar nicht benötigen!"
Ich nehme mir seit ein paar Wochen Raum für Raum vor und
sortiere aus. Bleiben darf, was wir entweder wirklich gut und oft gebrauchen
können oder einfach einen ganz besonderen Stellenwert hat, sei es in
ästhetischer oder emotionaler Hinsicht.
Im Zuge
dessen versuche ich auch Dinge auszutauschen bzw. zu optimieren, die nicht
schön anzusehen, jedoch ständig im Blickwinkel sind. Zum Beispiel unser
türkiser Plastikbesen auf der Terrasse. Uralt und urhässlich, dafür immer vor
der Nase. Vor ein paar Wochen wurde er durch einen schlichten Artgenossen aus
Holz ausgetauscht. Eine Wohltat fürs Auge!
"Umgib dich mit nützlichen und schönen Dingen! Und merke: Alles, was es gibt, gibt's auch in schön - sogar Spüllappen und Steckleisten!"
Wenn man also seine Wohnung mal so ganz bewusst durchscannt,
fallen einem schon ganz kuriose Dinge auf: Man quetscht beispielsweise fünf
Vasen in ein Regal, obwohl man sowieso immer dieselbe nimmt und diese eine
darüber hinaus noch viel hübscher wirken könnte, wenn sie den Platz ganz für
sich allein beanspruchen könnte. Beispiele wie diese könnte ich leider zahllos
fortführen.
Folgende Faustregel halte ich für den Einstieg zum Ausmisten
am wichtigsten: Jedes Stück im Haushalt sollte einen Stammplatz haben, damit
man 1. Ordnung hält und 2. nicht unnötig danach suchen muss. Wer vier
potentielle Plätze im Haus für Scheren hat (so wie ich), kann da seine Logistik
definitiv noch optimieren.
Und ich sag euch: Das Gefühl, wenn man einen Raum nicht nur
aufgeräumt, sondern richtig ausgemistet hat und wirklich weiß, was sich in
jeder Lade befindet, ist unbeschreiblich angenehm.
Minimalismus und Familie - kann das funktionieren?
Jeder Mensch ist anders und irgendjemandem ein Konzept überzustülpen, das
gar nicht zu ihm passt, ist mit Sicherheit nicht der richtige
Weg. Doch wie weit darf/sollte man gehen? Schwierig wird es, wenn ein Partner das
kreative Chaos liebt, der andere aber darin förmlich erstickt. Wir sind da
glücklicherweise beide ähnlich gestrickt. Je weniger Zeug herumliegt, desto
leichter und freier fühlen wir uns. Auch jedes Mal, nachdem wir im
Altstoffsammelzentrum waren, macht sich große Zufriedenheit breit ;-) Kennt das Gefühl jemand?
Auch im Kinderzimmer haben wir die Erfahrungen gemacht, dass
es die Mädels nicht nur erleichtert, sondern auch kreativer macht, wenn der Raum nicht komplett vollgestopft und jedes erdenkliche Spielzeug vorhanden
ist. Doch obwohl es auch hier für jedes Ding (theoretisch) seinen Stammplatz
gäbe, herrscht fast immer völliges Chaos. Erst kürzlich hat Emmi gemeint:
"Ich will nicht aufräumen, ich liebe meine Saustall". Und auch, wenn
ich das jetzt als Erwachsene überhaupt nicht nachvollziehen kann, muss ich wohl
lernen, diesen "Saustall" bis zu einem gewissen Grad auszuhalten und
vielleicht sogar gutzuheißen. Denn sie wird ihren eigenen Weg machen und vielleicht wird sie sich auch mal nach Klar- und Aufgeräumtheit sehnen. Minimalismus sollte also genau vor der Kinderzimmertür
enden (Saskia hat auf ihrem Blog erst kürzlich einen tollen Text genau dazu
verfasst).
Übrigens: Basteln werden wir natürlich nach wie vor, aber in
Zukunft sicher etwas überlegter und nicht einfach, weil ich halt am Blog was
zeigen will oder mir eine Idee auf Pinterest so gut gefallen hat ;-)
Lieben Gruß
Lisa
Anmerkung: Dieser Artikel bezieht sich ausschließlich auf
den Bereich "Minimalismus und Wohnen" - das Konzept der minimalistischen
Lebensweise geht natürlich weit darüber hinaus.